Das Stimmen eines Klaviers
Ein Klavier hat über 200 Saiten und es entwickelt nur dann einen schönen Klang, wenn alle diese Saiten perfekt gestimmt sind. Insbesondere beim Anschlagen mehrerer Noten entsteht nur dann ein harmonischer Wohlklang, wenn diese Bedingung erfüllt ist. Beim Klavier sind zudem für die meisten Noten drei Saiten vorgesehen, die von einem Hämmerchen gleichzeitig angeschlagen werden und die durch ihr gemeinsames Bemühen für einen ausreichend starken Ton sorgen. Aber wehe, wenn in der Dreiergruppe eine Saite aus der Reihe tanzt und einen geringfügig höheren oder tieferen Ton von sich gibt als die beiden Arbeitskolleginnen! Dann klingt das schöne und wertvolle Klavier wie .... naja, jedenfalls nicht sehr schön. Erschwerend kommt hinzu, daß das menschliche Ohr außerordentlich empfindlich ist und kleinste Abweichungen von der korrekten Tonhöhe (im Promillebereich!) registriert. Gründe gibt es genug, daß sich die ursprüngliche Tonhöhe einer Saite im Laufe der Zeit geringfügig ändert. Das kann an Materialermüdung der unter hoher Spannung stehenden Saite liegen. Oder an einer minimalen Verformung des Rahmens, der durch die Vielzahl der Saiten einer enormen Belastung unterliegt. Es gibt aber noch andere Gründe, wie die Nachgiebigkeit des Holzes in welchem die Stimmwirbel stecken, oder die Auswirkungen von Temperaturschwankungen oder noch manches mehr.
Trotz aller Bemühungen der Klavierbauer um höchste Stabilität und trotz der Verwendung bester Materialien hält die perfekte Stimmung der Saiten nicht auf Dauer sondern muß gelegentlich korrigiert werden. Und das genau ist die Aufgabe des Klavierstimmers.
Gelegentlich, was heißt das konkret? Als grobe Faustregel kann man von "einmal jährlich" ausgehen. Aber im Einzelfall können auch andere (kürzere oder längere) Zeitabstände gerechtfertigt sein. Allerdings sollte man nicht meinen, daß man das "nach Gehör" entscheiden kann. Das Klavier verstimmt sich nämlich nicht plötzlich sondern ganz, ganz allmählich. Und wer immer auf demselben Instrument spielt, gewöhnt sich an den Klang und empfindet sein Klavier erst dann als verstimmt, wenn es schon sehr weit gekommen ist. Also dann schon besser der Regel "einmal jährlich" folgen.